Roll The Bones Records
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INTERVIEW

„Wir machen, worauf wir Lust haben. Das Songwriting für kommende „Großtaten“ ist bereits angelaufen“

 

Tombstone stehen schon in den Startlöchern

 

 

18.12.2019 - Gregor Vogt

 

 

Tombstone gehen auf ihrem aktuellen Album „Evolution“ nicht nur ihren eigenen Weg, indem sie auf deutsche Texte umgestiegen sind, sondern haben Gitarren, Bass und Vocals auch im Schlafzimmer des Ex- Gitarristen Andi aufgenommen. „Klingt sexy, ist es aber nicht“ findet Drummer Markus Siegemund. Da hören wir doch zur Sicherheit mal genauer nach!

 

Hi Markus wie geht’s?

 

Ich möchte die Frage mal so beantworten: Den Umständen entsprechend gut. Wir haben momentan mit einer instabilen Besetzung zu kämpfen. Nachdem wir unseren neuen Bassisten Jens erfolgreich angelernt und integriert haben, hat sich nun unser Gründungsmitglied Andi verabschiedet, der auch jahrelang Hauptsongwriter war. Er wird uns aber weiterhin live zur Verfügung stehen.

 

 

Wie würdest Du jemandem, der euch bislang noch nicht kennt eure Musik und eure Band beschreiben?

 

Begonnen haben wir eigentlich als Deathmetal Band im weitesten Sinne. Besonders Extrem waren wir dabei nie. In den letzten Jahren haben Einflüsse aus Thrash und Rock immer mehr zugenommen. Den kommerziellen Suizid, zumindest auf internationaler Ebene, haben wir begangen, als wir uns mit vor dem Release des aktuellen Albums entschlossen, deutsche Texte zu verwenden.

 

Euer Album ist seit dem März 2018 auf dem Markt.  Konnte euch das Album Türen öffnen? Bist Du zufrieden mit der Entwicklung? Erzähl‘ mal, was habt ihr so getrieben?

 

Leider ist es so gelaufen wie ich es all die Jahrzehnte gewohnt war. Winzige Türen haben sich geöffnet. Man ist selbst immer hochzufrieden und glaubt, jetzt könnte es was werden. Und dann kommt die Ernüchterung. Keine Ahnung, ob es an der Qualität liegt oder einfach am immensen Überangebot. Aber eigentlich ist das egal. Wir machen, worauf wir Lust haben. Das Songwriting für kommende „Großtaten“ ist bereits angelaufen. Ich kann nur so viel verraten: Es wird einige Veränderungen geben. Wir gucken noch weiter über den Tellerrand hinaus.

 

Stell doch mal die aktuelle Besetzung der Band vor.

 

Neben mir als Drummer ist Sänger Maddin das einzige verbliebene Gründungsmitglied. Bastian kam als Gitarrist aber noch vor dem ersten Demo dazu. Auf der Bühne erkennt man ihn an den eher unkonventionellen Bewegungsabläufen. Vielleicht sind es auch nur unbewusste Zuckungen oder Übersprungshandlungen. Das weiß er vermutlich nicht mal selber. Jens ist seit einem Jahr unser neuer Mann am Bass. Einer muss schließlich das ganze Equipment schleppen. Seine andere Band hört auf den Namen Depredation. Wer in Zukunft als festes Mitglied die zweite Gitarre bedienen wird, steht noch in den Sternen.

 

Welche "Zutaten" kommen in einen perfekten TOMBSTONE -Song? Was macht euch aus? Macht ihr euch darüber Gedanken oder passiert das eher unbewusst?

 

Das Songwriting ist ein schwieriger Prozess geworden. Oft waren und sind wir zu selbstkritisch. Aber gelegentlich fluppt es einfach. Manchmal entwickelt sich die erste Version eines Songs aber noch weiter, bis im Einzelfall am Ende nur noch ein Teil des Ursprungsgerüsts übrig bleibt. Was genau in einen Tombstone Song gehört, kann ich gar nicht so genau sagen. Doch eine gewisse Eingängigkeit darf nicht fehlen.

 

Welche Bedeutung hat euer Bandname für euch, unabhängig von der Übersetzung?

 

Keinen. Hörte sich einfach ganz gut an J

 

 

Welche Bands haben euch musikalisch geprägt? Finden sich diese Einflüsse in eurer Musik wieder und wie macht sich das bemerkbar?

 

Wir haben alle einen sehr breit gefächerten Geschmack. Dementsprechend kommen da auch unendlich viele Einflüsse zusammen. Gelegentlich müssen wir feststellen, dass ein Einfluss vielleicht doch allzu offensichtlich ist. Dann muss halt eine Kleinigkeit geändert werden. Oder es bleibt einfach wie es ist. Fällt doch eh keinem auf.  Nur ein einziges Mal ging ein Gruß ganz bewusst an eine andere Band. Unser Song „Immun“ enthält ganz bewusst ein kleines, leicht abgewandeltes Zitat eines Pantera Songs. Das ist aber auf Andis Mist gewachsen. Mir persönlich gibt diese Band nicht allzu viel. Bei meinen Drumparts gucke ich mir öfter etwas von anderen Schlagzeugern ab. Aber DAS merkt wirklich kein Schwein.

 

Wie kann man sich bei euch den Songwriting-Prozess vorstellen? Werden die Songs im Proberaum geschrieben, kommt jeder mit Ideen, die man gemeinsam ausarbeitet, oder werden komplette Songs oder Entwürfe von den Songwritern vorgestellt? Wie macht ihr das?

 

Andi (früher) oder Maddin (früher gelegentlich, heute regelmäßig) entwickeln die Grundidee im Alleingang. Manchmal ist der eine oder andere mit dabei. Gespielt wird ein neuer Song zum ersten Mal im Proberaum, wenn er schon so gut wie fertig ist. Beim Jammen ist bisher so gut wie nie etwas Brauchbares entstanden.

 

Wie wichtig ist euch musikalische Eigenständigkeit? Häufig ist es ja so, dass z.B das Covern von bekannten Songs den Saal zum Kochen bringt. Wird Eigenständigkeit noch ausreichend wertgeschätzt? Oder möchte man da vielleicht dann eher wie, sagen wir mal, Savatage oder Judas Priest klingen um besser anzukommen?

 

Eigenständig kann heutzutage kaum eine Band sein. Alles war schon mal da. Kleinere Experimente gelten ja heute schon als völlig individuell und innovativ. Aber machen wir uns nichts vor: Eigentlich gibt es nichts Neues mehr. Höchstens selten gehörte Stilmixe. Gecovert haben wir bisher nur bei unserer letzten Releaseshow nach dem eigentlichen Gig. Dies geschah mit vielen Gästen und in unterschiedlichsten Konstellationen.

 

Wovon handeln eure Texte? Gibt es einen roten Faden oder wiederkehrende Themen, die euch beschäftigen? Zudem seid ihr das „Wagnis“ (?) eingegangen, die Texte auf Evolution in Deutsch in zu verfassen. Wie kam es dazu?

 

Die Texte finde ich persönlich eher zweitrangig. Ein guter Song wird selten durch einen schwachen Text entwertet. Anders herum kann kein noch so guter Text einen schwachen Song retten, wie ich finde. Na ja, es geht um Wut, Ängste und den ganzen Kram. In seiner Muttersprache kann Maddin sich einfach am besten ausdrücken.  Interessant war der Prozess des Umschreibens bereits existierender Texte zum letzten Album.  Die meisten hatten nämlich zuvor einen englischen Text.

 

Seit einigen Jahren organisiert und präsentiert ihr erfolgreich die Festivalreihe „Ruhrgewalten“ im Crowded House in Oberhausen. Wie kam es dazu, wie läuft es und wie geht es weiter? Erzählt doch mal!

 

Wir sahen dies als eine Möglichkeit, Auftritte für unsere eigene Band zu generieren. Wenn man zweimal im Jahr jeweils 4 Bands auf Gegengig-Basis spielen lässt, ergeben sich theoretisch 8 Ggs für Tombstone pro Jahr. Wie gesagt THEORETISCH! Ich will mir hier jetzt keine Feinde machen und den Zusammenhalt im Underground nicht für tot erklären, aber es gibt so einige Bands, die unser Angebot gerne annehmen und dann nie wieder etwas von sich hören lassen. Es ist zwar alles vertraglich geregelt. Doch wer würde sich schon ein gemeinsames Konzert erstreiten wollen. Es gibt auch Fälle, wo eine wirklich ziemlich unbekannte Band aus einem anderen Bundesland angefragt wird, die dann plötzlich mit Gagenforderungen um die Ecke kommt, die nur noch lächerlich sind. Vor allem, wenn im selben Atemzug gesagt wird, man brauche keine Tickets, weil man in Oberhausen eh keine Fans ziehe. Jedenfalls finden die Ruhrgewalten nun nur noch einmal im Jahr statt. Das muss reichen.  Vielleicht löst ja noch die eine oder andere Band ihren Verpflichtungen nach. Teilweise warten wir seit 5 Jahren.

 

Eine Band am Laufen zu halten ist ja mitunter sehr zeitaufwändig (Proben, Songs schreiben, planen / organisieren, Gigs, etc.) ...Welchen Stellenwert hat eure Band in eurem Alltag? Wie bekommt ihr zeitlich das hin? Wie oft probt ihr zum Beispiel?

 

Wir proben einmal die Woche. Mehr ist leider nicht drin, zumal wir uns den Raum mit 3 weiteren Bands teilen.  Da das Songwriting eh in den heimischen 4 Wänden stattfindet, bleiben wir aber über die Proben hinaus produktiv. Im Alltag ist die Band zumindest für mich schon allgegenwärtig. Viele Gedanken und Ideen kreisen um die Band.

 

In welchem Studio habt ihr das Album aufgenommen? Liegt euch die Studioarbeit, oder ist das eher ein leidiges Thema?

 

Das aktuelle Album haben wir in Eigenregie aufgenommen. Seitdem Andi sein Studio nicht mehr betreibt, befindet sich das Equipment in seinem Schlafzimmer. Klingt sexy, ist es aber nicht. Die Drums haben wir bei Jörg Uken im Soundlodge aufgenommen. Ihn und sein Studio kannte ich noch von den Aufnahmen des letzten LAID IN ASHES Albums, dem letzten Lebenszeichen meiner alten Band. In Andis Schlafzimmer war uns Tobias Barthel, der uns auch oft live mischt und bei den Ruhrgewalten für den Sound sorgt.  Er war auch für den Mix verantwortlich. Den Gesang hat Maddin übrigens bei sich auf dem Dachboden aufgenommen. Es macht durchaus Spaß, beobachten zu können, wie sich ein Album immer weiter aufbaut. Demnach sind die Recording-Sessions keinesfalls ein leidiges Thema.

 

Das Albumcover ist wirklich cool. In welchem Kontext steht es mit den Songs, bzw den Texten? Wer ist der Künstler und wie seid ihr auf ihn gekommen?

 

Auf Azrael Design sind wir eher durch Zufall gekommen. Reine Internet-Recherche. Außerdem stimmte der Preis. Das Artwork ist ans letzte Album angelehnt. Damals ging es um den „Point of no return“. Der Zusammenhang erschließt sich beim Betrachten des Covers eigentlich sofort. „Evolution“ beschäftigt sich mit dem, was nach dem „Point of no return“ kommen wird: Die Rückeroberung der industrialisierten Welt durch die Natur.

 

Welche Social Media Kanäle nutzt ihr wofür und wie denkst Du generell darüber?  Hat man als Band heutzutage auch ohne Social Media noch eine Chance? Wie präsent sollte man dort sein? Was meinst Du? Ihr habt auf FB viele Follower, macht sich das, z.B bei euren Gigs bemerkbar?

 

Wir haben zwar auch eine ganz normale Homepage. Doch das Hauptmedium ist Facebook. Ich halte solche Kanäle für unverzichtbar. Sie machen vieles einfacher. Manchmal fällt es etwas schwer, die Leute bei der Stange zu halten. Schließlich gibt es nicht ständig wissenswerte Neuigkeiten. Außerdem ist das noch das eben erwähnte Überangebot. Die Zahl der Follower halte ich für die Anzahl der Konzertbesucher eigentlich für irrelevant.

 

Metal Fans ticken ja doch noch anders als der Rest der Welt. Vinyl und CDs stehen hoch im Kurs und werden gekauft.  Die meisten Fans wollen ein „Produkt“ im Schrank stehen haben oder sogar auch sammeln. Was denkst Du wie sich der Musikmarkt entwickeln wird? Ist die Zukunft digital, bzw. ohne physikalische Tonträger? Könnte man sich dann am Merchstand euer Album runterladen?

 

Natürlich wird sich der Markt immer weiter in die digitale Richtung entwickeln. Das ist ja deutlich zu sehen. Dennoch stimme ich Dir in dem Punkt zu, dass Rock- und Metalfans anders ticken. Daher halte ich es auch in unserem Bereich noch nicht für antiquiert oder überflüssig, CDs zu produzieren. Vinyl ist leider zu teuer.

 

Wie steht ihr zu Videos / Musikclips? Ist da was in Planung? Wie kann man sich von der Masse abheben? Geht das überhaupt?

 

Wir haben bisher einen Videoclip zu „Binary Snowglobe“ produziert, was sehr aufwendig war. Abheben kann man sich damit wahrscheinlich eher nicht. Ich weiß ja nicht, wie andere Leute das handhaben, aber ich persönlich schaue mir Clips eventuell einmal an und danach nie wieder. Ob sich der Aufwand dafür lohnt, stelle ich mal zur Diskussion.

 

Ich besuche euren nächsten Gig. Was kann ich an eurem Merch- Stand kaufen?

 

CDs, unser aktuelles Shirt, Girlies, Feuerzeuge, Buttons, sexy Schlüpper für die Damen (oder aufgeschlossene Herren). Patches sind gerade aus.

 

Gibt es eigentlich auch eine "Szene" auch unter den Bands, oder gibt’s die Szene nur unter den Fans?  Sehen sich Bands als Kumpels, die sich gegenseitig unterstützen oder eher als Konkurrenz?

 

Zu diesem Thema habe ich mich bei der Frage zu den Ruhrgewalten schon ausgelassen. Ich denke aber trotzdem, dass es noch einen gewissen Zusammenhalt unter den Bands gibt. Immer wieder lernen wir wirklich nette Zeitgenossen kennen, die mit Leidenschaft bei der Sache sind und den Fans auch etwa bieten wollen. Es haben sich neben den ganzen Negativbeispielen auch lange andauernde Kontakte und im Einzelfall auch Freundschaften entwickelt. Doch den bereits erwähnten Egoismus oder Opportunismus möchte ich nicht unter den Teppich kehren. Konkurrenz kann ich übrigens nicht erkennen. Keiner gönnt dem anderen Misserfolg oder beneidet ihn um einen Deal. So sehe ich das zumindest.

 

Was denkst Du, wie sich Metal im Allgemeinen weiterentwickeln wird? Die großen Bands werden wohl früher oder später abtreten. Wie geht’s dann weiter? Hol doch mal die Glaskugel raus und wage eine Prognose.

 

Es werden halt andere nachrücken. Vor Iron Maiden und Metallica gab es ja auch schon Megaseller. Die neueren Bands müssen nur am Ball bleiben. Und da sehe ich eine Gefahr. Viele veröffentlichen einfach zu selten Alben, um sich einen Legendenstatus zu erarbeiten. Maiden haben das mit 7 Alben allein in den Achtzigern geschafft. Heute brauchen die meisten für 7 Alben 25 Jahre. So lange überleben die meisten gar nicht. Ich denke, Metal wird es immer geben, solange es Bands gibt, die vor Kreativität sprühen wie Leprous und viele andere. Oder solange es Bands gibt, die in Sachen Visualität und Show in die Fußstapfen der Großen treten, wie zum Beispiel Ghost.

 

Wir kommt ihr an neue Gigs? Arbeitet ihr mit einer Booking- Agentur zusammen oder bewerbt ihr euch selbst?

 

Wir bewerben uns selbst, generieren ein paar Gigs durch die Ruhrgewalten und setzen auf alte Kontakte. Es ist aber schwierig geworden. Das finanzielle Risiko ist über die Jahrzehnte deutlich gewachsen. Früher wusstest Du, dass am letzten Samstag jedes Monats 4 Bands im Haus der Jugend in Bottrop spielen. Da ist jeder hingegangen. Egal, wer da gespielt hat. Es waren immer mindestens 200 Leute da. Heute hat man am selben Tag im Umkreis von 20 Kilometern 5 Konkurrenzveranstaltungen allein im Underground. Die großen Konzerte kommen noch hinzu.

 

Wie geht es mit der Band weiter? Verfolgt ihr konkrete Ziele?

Wir versuchen, unsere Besetzung wieder zu vervollständigen, arbeiten am Songwriting und hoffen, im nächsten Jahr mit den Arbeiten an einem neuen Album beginnen zu können. Vielleicht wird es auch nur eine EP. Mal schauen, was der Ideen-Pool so hergibt.

 

Wenn Du am Musikbiz etwas ändern könntest, was wäre das?

 

Natürlich wäre eine gerechtere Bezahlung für Künstler erstrebenswert. Aber ich denke, dazu wird es nicht so schnell kommen. Außerdem würde ich mir wünschen, dass die etablierteren Bands wieder mehr zum Ursprung ihrer Motivation, die zur Gründung der Band geführt hat, zurückkehren: Kreativität! Vielleicht sollte man verbieten, 3 Tourneen zu ein und demselben Album durchzuführen J

 

Würdet ihr gerne von der Musik leben können, oder siehst Du das eher als einen Traum, der besser NICHT in Erfüllung gehen sollte?

 

Wir haben alle unsere Jobs, die uns finanzielle Sicherheit geben. Früher wäre es ein Traum gewesen, von der Musik leben zu können. Doch das ist lange her. Und das ist auch gut so. Als Musiker seinen Lebensunterhalt zu bestreiten, wäre mit extremer Unsicherheit verbunden. Darauf hätte ich gar keine Lust mehr. Ich habe Verpflichtungen und Wünsche, die sich mit einem regelmäßigen Einkommen einfach besser erfüllen lassen.

 

Ich danke für das Interview……..!

 

Ich danke fürs Interesse J

 

 

Links:

 

www.facebook.com/tombonline/

www.tombonline.de

www.youtube.com/watch?v=K_URMIvTUv4

http://www.ruhrgewalten.de

 

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